Yassin Bani Almarjeh
Andreas Lenk
"Ich bin alleine hergekommen, aber ich habe hier meine Familie gefunden." (Yassin Bani Almarjeh)

Yassin Bani Almarjeh arbeitet in der Tecon Covercraft GmbH in Zeulenroda-Triebes und wird begleitet durch die Arbeitsmarktmentor*innen der Bildungsinstitut PSCHERER gGmbH im Vogtlandkreis.

Bitte stellen Sie sich kurz vor.

Ich bin Yassin Bani Almarjeh und komme aus Syrien. Ich bin 36 Jahre alt und lebe in Plauen. Seit 2017 arbeite ich bei der Firma Tecon.

Wie haben Sie den Weg zu den Arbeitsmarktmentor*innen für Geflüchtete gefunden?

Ich habe meine Mentorin über eine Freundin gefunden. Sie hilft mir immer. Die Arbeit bei Tecon haben wir schnell gefunden. Meine Mentorin hat mit Herrn Lenk gesprochen. Er sagte, dass wir für zwei Wochen ein Praktikum machen und danach hat er zugesagt. Aber ich brauche immer die Hilfe meiner Mentorin. Wenn ich Probleme mit dem Jobcenter habe oder mit der Ausländerbehörde.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Ich arbeite in der Polsterei, ich möchte aber auch gern andere Bereiche kennenlernen.
Mit meinen Kollegen ist alles gut, sie helfen mir immer beim Deutschlernen und auch bei der Arbeit. Meine Kollegen sind wie meine kleine Familie. Ich bin alleine hergekommen, aber ich habe hier meine Familie gefunden.

Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?

Ich überlege immer, aber ich möchte gute Arbeit haben, viele Menschen kennenlernen und richtig Deutsch sprechen. Wenn ich Arbeit habe, möchte ich auch in Plauen bleiben.

"Migranten sind ein Teil Deutschlands. Und deswegen muss man etwas für diese Menschen tun. Das Beste was wir für sie tun können, ist ihnen eine Chance zu geben, etwas für sich und für uns zu tun." (Andreas Lenk)

Andreas Lenk (rechts im Bild) ist Geschäftsführer der Tecon Covercraft GmbH in Zeulenroda-Triebes und wird begleitet durch die Arbeitsmarktmentor*innen der Bildungsinstitut PSCHERER gGmbH im Vogtlandkreis.

Bitte stellen Sie sich und Ihr Unternehmen kurz vor.

Die Firma Tecon Covercraft gibt es seit mittlerweile 118 Jahren mit wechselnden Produktprofilen. Dabei waren wir jedoch immer im Textilgebiet tätig. Das fing mit der Spitzenherstellung an, über Verdunklungsvorhänge im Krieg sowie Zelte und Planen, für die das Unternehmen vor der Verstaatlichung sehr bekannt war, bis hin zur Zulieferung für die Fahrzeugindustrie in der DDR-Zeit. Nach dem Neustart begannen wir mit diversen Nischenprodukten, wie Gleitschirme für ein kleines österreichisches Unternehmen oder Musikprodukte, Taschen und Etuis für die Kunden vorrangig im oberen Vogtland, für den sogenannten Musikwinkel. In der Hauptsache beliefern wir Hersteller auf dem deutschen Wohnmobilmarkt. Wir haben uns über die letzten 25 Jahre ein sehr hohes Knowhow und einen recht guten Ruf erarbeitet. Was das textile Interieur betrifft, haben wir mittlerweile eine gute Marktposition, die wir auch versuchen durch neue Technologien und neue Produkte ständig auszubauen.

Wie kamen Sie zu dem Entschluss, Geflüchtete einzustellen?

Der Gedanke kam aus zwei unterschiedlichen Richtungen. Zum einen haben wir in Deutschland ein zunehmendes Fachkräfteproblem, zusätzlich auch im Bereich der Textilindustrie ein Nachwuchsproblem. Die Textilindustrie war früher hier in der Region sehr stark vertreten, durch den Zusammenbruch der ehemaligen DDR-Textilindustrie gab es dann viel zu viele Arbeitskräfte mit einer Qualifizierung in dieser Richtung, die keine berufliche Zukunft mehr hatten. Das war jahrelang ein Vorteil für das Unternehmen, da viele froh waren, wenn sie doch wieder etwas in der Nähe gefunden haben. Aber es führte auch dazu, dass zu wenig Leute ausgebildet wurden. Und jetzt fehlt natürlich der Nachwuchs.

Der andere Punkt ist: es gibt die Migration, jeder weiß, dass Migration nötig ist, spätestens nach dem klar wurde, dass es nicht genug Nachwuchs geben wird. Und die Migration hat eine zweite Seite. Die Menschen kommen aus Regionen, wo es ihnen schlecht geht, im schlimmsten Fall sind sie Kriegsopfer. In weniger schlimmen Fällen waren sie Zuhause nicht in der Lage ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und Verhungern ist genauso schlimm wie erschossen werden. Migranten sind ein Teil Deutschlands. Und deswegen muss man etwas für diese Menschen tun. Das Beste was wir für sie tun können, ist ihnen eine Chance zu geben, etwas für sich und für uns zu tun.

Wie sieht der Arbeitsalltag aus?

Bei allen drei syrischen Arbeitskräften im Unternehmen haben wir festgestellt, dass sie sich ausgesprochen höflich verhalten. Yassin ist ein Vorbild an Höflichkeit. Das einzige Problem was man hat, ist die Frage der Sprache. Es gibt auch kulturelle Unterschiede, aber das macht keine großen Schwierigkeiten. Ein Mitarbeiter nutzt die Pausenzeiten für Gebete, andere machen eine Raucherpause. Das Erste ist auch gesünder.

Wie sieht die Unterstützung durch die Arbeitsmarktmentor*innen aus?

Es war am Anfang schwierig, überhaupt jemanden zu finden, der dabei behilflich ist. Der erste Kontakt ergab sich durch einen christlichen Verein aus Thüringen, die sich auf eigene Faust darum bemühten. Das hat zu einem angenehmen Praktikum geführt, aber nicht zu einer Einstellung. Die zweite Möglichkeit hat uns die Arbeitsmarktmentorin aufgetan und die Chance haben wir ergriffen. Das Problem war erst einmal, den richtigen Weg zu finden. Ich bin sicher, vielen mittleren und kleinen Unternehmen wird es ähnlich gehen wie es uns ging, wir wussten einfach nicht, wie es funktioniert. Unsere Arbeitsmarktmentorin unterstützt uns jederzeit. Wenn ich ein Problem habe, wo ich mir nicht sicher bin, wie ich das zu handhaben habe, dann weiß ich, wo ich anrufe.

Welche Tipps haben Sie für andere Arbeitgebende bei der Anstellung Geflüchteter?

Man sollte sich vor allem ein Bild machen von den Menschen, das ist nicht mit einem Gespräch getan. Erstens braucht man jemand, der bei den Gesprächen zur Seite steht, wie die Arbeitsmarktmentorin und zweitens braucht man auch eine gewisse Trainingsphase. Welchen Namen diese Maßnahme trägt, ist unerheblich, wichtig ist, dass sich beide Seiten einmal ausprobieren. Man muss natürlich auch im Unternehmen oder der Abteilung jemanden haben, der den Leuten mal entsprechende Hinweise gibt, der mit Rat und Tat zur Seite steht und der beurteilen kann, was die Leute können und was nicht. Ansonsten ist die Sprache ein wichtiges Kriterium. Bei einem bestimmten Grad an Komplexität ist es wichtig, dass man gut kommunizieren kann. Ich rede nicht von Fließbandarbeit, sondern von einer stärker handwerklichen Arbeit.

Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf Jahren?

Ich sehe unser Unternehmen in fünf Jahren etwas verjüngt. Das heißt nicht, dass ich mich komplett zurückziehen werde, aber dass die jungen Leute etwas mehr Verantwortung übernehmen werden. Ich sehe das Unternehmen in fünf Jahren eigentlich weiter als Nischenhersteller mit kleinen und Kleinstserien, weil das einfach langfristig seine Existenzberechtigung hat. Außerdem setzen wir weiterhin höchste eigene Qualitätsansprüche an laufende Innovationen von Verfahren und Produkten.