"Ohne Kontakt kann man die deutsche Sprache nicht lernen." (Tarek Bakro)

Tarek Bakro arbeitet als Pflegehilfskraft in der Altenpflegeeinrichtung Residenz Ambiente in Leipzig und wird begleitet durch die Arbeitsmarktmentor*innen des ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V. in Leipzig.

Bitte stellen Sie sich kurz vor.

Mein Name ist Tarek Bakro, ich komme aus Syrien und bin 34 Jahre alt. Seit Anfang 2016 bin ich in Deutschland. Als ich in Leipzig ankam, habe ich zunächst in einer Gemeinschaftsunterkunft gelebt, dann bin ich nach Taucha umgezogen. Seit zwei Jahren habe ich eine Aufenthaltserlaubnis.

Wie haben Sie den Weg zu den Arbeitsmarktmentor*innen für Geflüchtete gefunden?

Ein Freund von mir gab mir den Hinweis auf die Arbeitsmarktmentoren von ARBEIT UND LEBEN Leipzig. Er hat dann einen Termin für mich bei einer Mitarbeiterin vereinbart. Sie ist immer hilfsbereit, wenn ich eine Frage oder ein Problem habe, gehe ich zu ihr und sie findet immer eine Lösung.

Nachdem ich mein B1 Zertifikat erhalten habe, war ich in der Essensausgabe in einem Krankenhaus tätig. Aber ich hatte nie richtig Kontakt zu Deutschen und konnte meine Sprache nicht verbessern. Das hat mir keinen Spaß gemacht. Meine Arbeitsmarktmentorin hat dann mit Frau Hartmann gesprochen, mit mir eine Bewerbung und einen Lebenslauf geschrieben. Kurze Zeit später hatte ich die Zusage für ein Praktikum in der Residenz Ambiente für zwei Wochen und danach einen Arbeitsvertrag als Pflegehilfskraft. Das Praktikum hat mir großen Spaß gemacht. Die Hauptsache ist, dass ich alten Menschen helfen kann. Außerdem kann ich mit ihnen auf Deutsch sprechen. Ohne Kontakt kann man die deutsche Sprache nicht lernen. Ich brauchte mein syrisches Abschlusszeugnis, das übersetzt und anerkannt werden musste. Dabei hat mir die Arbeitsmarktmentorin auch geholfen. Außerdem haben sie einen Sprachkurs für mich gefunden, der auch mit meinen Arbeitszeiten vereinbar ist. Bei meinem Führerschein haben sie mir ebenfalls geholfen. Ich bin jetzt seit einem Jahr in der Residenz Ambiente, die Kollegen sind sehr nett, wir sind Freunde, nicht nur Kollegen. Auch jetzt brauche ich noch die Unterstützung meiner Mentorin. Ich musste meinen Deutschkurs selbst bezahlen, aber sie haben mir geholfen, eine Bildungsprämie zu bekommen und so die Kosten für mich zu senken.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Wir versorgen die Menschen. Im Frühdienst beginnen wir mit dem Waschen, Anziehen, Betten machen, der Zimmerordnung und gemeinsamen Gesprächen. Wir helfen eben einfach. Ich bin meistens im Frühdienst, da ich nach der Arbeit noch meinen Sprachkurs besuche und ein B2 Zertifikat ablegen möchte. Ich brauche noch Hilfe bei der Dokumentation, das ist noch etwas schwierig für mich, aber wir helfen uns unter den Kollegen gegenseitig. Anfangs hatte ich auch Angst, dass die Bewohner und ich nicht gut kommunizieren können, aber das hat sich schnell geregelt, wir haben viel Spaß zusammen.

Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?

Ich hoffe, dass ich im September 2019 mit einer Ausbildung beginnen kann. Wenn ich in Deutschland bleibe, würde ich gerne als Altenpfleger arbeiten.

"Ohne Zuwanderung könnte ich unseren Personalbedarf nicht decken." (Susi Hartmann)

Susi Hartmann arbeitet als Residenzleitung in der Altenpflegeeinrichtung Residenz Ambiente in Leipzig und wird begleitet durch die Arbeitsmarktmentor*innen des ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V. in Leipzig.

Bitte stellen Sie sich und Ihr Unternehmen kurz vor.

Mein Name ist Susi Hartmann und ich arbeite als Residenzleitung der Residenz Ambiente in Leipzig. Wir sind eine vollstationäre Altenpflegeeinrichtung und versorgen auf 159 Plätzen pflegebedürftige Senioren in der Kurz- und Langzeitpflege.

Wie kamen Sie zu dem Entschluss, Geflüchtete einzustellen?

In der Altenpflege ist es eine große Herausforderung, dass es viele offene Stellen gibt, aber zu wenig Personal. Diese Lücke, die da klafft, ist momentan mit den vorhandenen Bewerbern nicht ausreichend zu besetzen. Und so sind wir immer auf der Suche nach Möglichkeiten, unsere Stellen zu besetzen. Ich freue mich also über jede Bewerbung, die uns erreicht und da ist es prinzipiell egal, woher diese Person kommt. Entscheidend ist die Sozialkompetenz, gerade bei den Pflegehilfskräften, welche ihre Tätigkeiten ungelernt ausüben können. Diese Kompetenz kann jeder Mensch haben, ganz unabhängig vom Aufenthaltstitel oder wo er herkommt. Auch für unser Kollegium ist es toll, wenn andere Mitarbeiter da sind. Ohne Zuwanderung könnte ich unseren Personalbedarf nicht decken.

Wie sieht der Arbeitsalltag aus?

Herr Bakro ist in der Grundpflege tätig. Die Einarbeitung in die Altenpflege erfolgte über Kollegen im Wohnbereich, sie sind Experten und wissen, auf was es ankommt. Gestützt wurde die Einarbeitung durch einen Pflegebasiskurs, dieser umfasste sechs Module und schaffte die Grundlagen. Herr Bakro besucht weiterhin einen Sprachkurs dreimal pro Woche von 17:00 bis 20:00 Uhr. Er fährt 06:00 Uhr los und nach der Arbeit besucht er die Sprachschule.

Wie sieht die Unterstützung durch die Arbeitsmarktmentor*innen aus?

Durch die große Unterstützung der Arbeitsmarktmentorin von ARBEIT UND LEBEN war der Einstieg von Herrn Bakro unkompliziert. Über ein Praktikum hatte Herr Bakro die Möglichkeit, reinzuschnuppern und auch für uns bot sich die Gelegenheit zu testen, ob die gewünschte Sozialkompetenz vorhanden ist. Durch die Begleitung der Arbeitsmarktmentorin hatten wir keinen großen Aufwand mit den Behörden und konnten uns ganz auf die Arbeit konzentrieren. Sie haben für uns die MAG beantragt, sich um die Sprachschule gekümmert. Die einzige Hürde war anfangs die Sprache, aber das hat sich mittlerweile sehr gut gegeben. Es wird einfach immer besser und die Hürden immer kleiner. Herr Bakro ist ein festes Mitglied im Team, er ist ein Mitarbeiter wie alle anderen. Man bekommt als Arbeitgeber gesagt was ist wichtig, worauf zu achten ist und bekommt die Unterstützung, dass man an alles gedacht hat. Das Wissen, dass einem fehlt, wird einem an die Hand gegeben. Ich kann immer anrufen und alle Fragen stellen, die offen sind. Derzeit wird gemeinsam mit den Arbeitsmarktmentoren auch ein Plan zur Ausbildung in unserer Einrichtung erstellt. In der Sprachbarriere sehe ich kein Problem, Berufsfachschulen haben lange Erfahrungen in der Ausbildung mit Geflüchteten und nehmen Rücksicht, da die schriftliche Kommunikation noch eine Herausforderung ist.

Welche Tipps haben Sie für andere Arbeitgebende bei der Anstellung Geflüchteter?

Man sollte mutig sein und sich an die Einstellung Geflüchteter wagen! Man sollte sich dabei aber auch Unterstützung wie die der Arbeitsmarktmentoren suchen, sich mit der Herkunftskultur auseinandersetzen und auf Sozialkompetenzen prüfen. Dann kann es nur eine Win-win- Situation für beide Seiten sein. Der Aspekt der Integration darf an dieser Stelle nicht vergessen werden, gerade in der Altenpflege erfolgt ein permanenter Austausch und so wird die deutsche Kultur schneller vermittelt. Außerdem gibt es der Altenpflege einen besonderen Touch. Ich freue mich auch als Arbeitgeberin, einen sicheren Arbeitsplatz bereitstellen zu können und Teil einer gelungenen Integration zu sein.

Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf Jahren?

Wir möchten Herrn Bakro gern ab dem 01. September 2019 in eine Ausbildung zum examinierten Altenpfleger bringen. Ich sehe Herrn Bakro in fünf Jahren als Altenpfleger hier im Unternehmen arbeiten. Es bringt viele positive Aspekte, wenn man in einem weltoffenen Team arbeitet mit toleranten Mitarbeitern und sich einfach diese kulturelle Vielfalt ins Haus holt, den Schritt wagt, die Hürden der Bürokratie überwindet und Menschen eine Chance gibt. Ich freue mich, dass es gut gelingt, die Leute zu integrieren, weil es einfach viel mehr Spaß macht mit einem Team zu arbeiten, wo einfach jeder so sein darf wie er möchte.